Wie ein Zombie sitze ich am Gartenklapptisch in der Halle und schlürfe meinen Kaffee. Wie immer bin ich zutiefst verwundert darüber, daß da draußen LEBEN ist, sonntags, um halb 9 morgens.
Da sind MENSCHEN.
SPRECHENDE Menschen.
GUTGELAUNTE Menschen.
Sonntags, VOR 10 Uhr!
Ich hatte Freundin M versprochen mitzulaufen, 10 km, meine letzte Hoffnung ist der Regen, der seine Ankündigung aber verschlafen zu haben scheint, denn "bei Regen geh ich nicht, sonst werd ich schon wieder krank." Zum tanzen ist es jetzt wohl zu spät.
Kein Regen also, dafür eine schlaftrunkene Larousse, die Anmeldeformulare ausfüllen, Microchips abholen und T-Shirts entgegennehmen muss, und das, wo sie um die Uhrzeit noch nicht einmal weiss, wie sie heisst, geschweige denn zu solchen komplexen Tätigkeiten fähig ist, aber was tut man nicht alles für gute Freunde.
Freundin M schlägt um halb 10 munter drauflosplappernd auf, schwatzt hier, küsst da, Larousse noch immer zombielike hintan, hoffentlich kenne ich niemanden, ich möchte hier nur schnell laufen und dann wieder heim, es ist arschkalt und wenn ich noch mehr Kaffee trinke, werde ich beim Laufen meine Blase gluckern hören.
Oder schlimmer.
Irgendwann ist Startschuss, man trippelt in den hinteren Reihen zwischen Lieschen Müller und Herrn Mustermann, 3 Minuten nach dem Startschuss fangen auch diese langsam an zu laufen, ruckelnd, es ist wie morgens im Berufsverkehr, bloss, daß man von Menschendüften umgeben ist statt von Auspuffgasen.
Auspuffgase können einem manchmal durchaus wohlriechend erscheinen.
Während des Laufens wird langsam das larouss'sche Hirn wach, Sauerstoffüberschuss, eindeutig, das Sprachzentrum wird eingeschaltet und läuft eine ganze Stunde auf Hochtouren. Die Beine gehen automatisch, im Grunde unwichtig, was zählt, ist der Vokabelaustausch.
57 Minuten später werden uns gelbe Rosen und süßer Tee überreicht.
Ich bin wach.
Hm.
So schlecht ist so ein Jogging am Morgen gar nicht.