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Ausverkauf

Ausverkauf

Auf dem Herd stehen noch die Töpfe, als käme sie gleich zurück, um das Mittagessen vorzubereiten. An den Wänden hängen Bilder, von Kinderhänden für die Oma gemalt. Die Gästetoilette quillt über von Körben mit privaten Dingen, Damenbinden, Strumpfhosen, Wäsche, Cremes.

Den grünen Daumen muss sie gehabt haben. Im Wintergarten Trilliarden von Töpfen aller Grössenordnungen, in denen Pflanzen vergeblich auf Wasser warten. Seit November. Ein Bügelbrett steht inmitten der vertrockneten Blumen. Das Kleid darauf, nicht fertiggebügelt.

Im Garten hat die Natur begonnen, sich ihr Recht zurückzuerobern. Wilde Erdbeeren, wohin man sieht und tritt. Und Rosen. Rosenbüsche in allen Farben und Grössen. Wunderschön.

In den Räumen kleine Kreuze, silberne, hölzerne, neben und über den Türen, wie es sich in einem streng katholischen Haus gehört, Gott schütze diesen Raum, vor allem jetzt, wo dutzende von Augenpaaren abschätzend über den verbliebenen Besitz streifen, wo die Meute über ihr verbliebenes Hab und Gut herfällt, die Hände und Nasen in alles steckt und abfällige Bemerkungen macht. Niemand hat sich vorher die Mühe gemacht, Intimes fortzuschaffen, vor den Blicken zu schützen.

Die Tüten und Kisten sind randvoll mit Tannenzapfen. Wozu sammelt man Tannenzapfen? Es müssen hunderte sein, wenn nicht tausende. Es riecht nach Keller. In den Regalen unzählbare gestapelte Blumentöpfe. Sie müssen schon lange da so stehen. Ein Durchkommen ist nicht möglich. Die Tannenzapfen versperren den Weg.

Eine schmerzliche Hausbesichtigung. Der Ausverkauf eines Lebens. Man möchte die Verwandschaft anschreien: War sie so wenig wehrt, dass das Innerste nach aussen gekehrt werden musste?
e-clipse - 15. Juni, 11:06

*schauder*

bedrückend. in der tat.

ich denke sowas ist immer tragisch. aber wenn man dann noch das "egal" der angehörigen ins gesicht geklatscht bekommt, noch mehr.

die lektüre dieses blogs ist btw eine meiner lieblings netz-beschäftigungen.
gute besserung! :)

larousse - 15. Juni, 12:42

Es ist tatsächlich

sehr bedrückend, wie egal der Familie zu sein scheint, dass Fremde in die persönlichsten Bereichen ihrer Mutter Einblick haben. Wo bleibt da der Respekt? Wo die Liebe? Und ich möchte nicht wissen, in wie vielen Fällen es nicht anders ist.

Schön, Sie als Mitleser/in zu wissen! Und danke - es röchelt noch... (o;
Multe - 15. Juni, 11:16

In

der Tat beklemmend. Aber die Zeit vorher "aufzuräumen" hat wie immer keiner. Man will es nur schnell hinter sich kriegen.
Als ob der Verlust nicht schwer genug ist.
Mein Beileid, auch wenn das nicht viel helfen wird.

larousse - 15. Juni, 12:39

Ich kannte die Dame ja nicht.

Sie tat mir nur entsetzlich leid, während wir durch die Hausbesichtigung immer tiefer in ihr Chaos blicken durften. Wenn die Angehörigen sich zu Lebzeiten soviel um sie gekümmert haben wie nach ihrem Tod, und genau so sieht das Haus aus - dann ein Hoch auf ihre Familie...
luckystrike - 15. Juni, 12:48

auf haussuche? oh, wie herrlich - eigentlich.
wenn man nicht so etwas sehen muß, das ist ja furchtbar. da muß man sich ja freuen, daß sie sich die mühe gemacht haben, die leiche der dame extra wegzuschaffen.

larousse - 15. Juni, 20:12

Haussuche, ja,

seit schlappen 10 Jahren - wissen Sie, wenn Bankenchefs jeden noch so astronomischen Preis für stadtnahe Häuschen zahlen können, ist es schwer für Larousse-Normal-Verbraucher, etwas Erschwingliches zu finden...
Was die Ex-Besitzerin des Hauses betrifft - ich habe den Geruchstest gemacht. Sie war rein.
pathologe - 15. Juni, 12:52

Dank

Lucky verstehe ich den Text jetzt erst richtig. Nicht Ihre Grossmutter, Frau Larousse, hat da das Zeitliche gesegnet, sondern eine wildfremde. Es haette mich auch gewundert, wuerden Sie die Besucher durch ein Haus leiten, ohne die Habseligkeiten vorab ausser Sicht geraeumt zu haben.

So aber sieht man, welch Gedanken dort regieren: nur keine Anstrengung vermeiden, die Andenken zu retten, lediglich der Reiz des schnellen Geldes lockt. Sollen doch die Kaeufer den Muell entsorgen...

larousse - 15. Juni, 20:14

Das sehen Sie

Dank Herrn Lucky nun ganz richtig, Herr Pé. Leider.
Katelyn (Gast) - 15. Juni, 14:53

beklemmend

Sie finden es beklemmend, unangenehm und unsensibel, dass die Verwandtschaft das Innerste nach aussen kehrt? Aber Sie machen doch genau das Gleiche...vorallem auch durch das Foto wird das Innerste der Verstorbenen noch mehr gänzlich Fremden zugänglich gemacht...Die es wiederum auch beklemmend finden, aber wie bei einem Verkehrsunfall hinstarren - um das Leid genau zu sehen.
Ich bin eine treure Leserin, aber das hier fühlt sich sehr nach Pseudoanteilnahme an!

Budenzauberin - 15. Juni, 15:49

Das finde ich nicht. Durch den Blog bzw. den Text und das Foto ist doch eine größere Anonymität gegeben als bei einem persönlichen Besuch des Hauses. Die vielen Besucher hier kennen weder die Dame, noch die Verwandten, noch intimere Details als die immer noch recht harmlosen auf dem Foto.

Ich habe anderswo schon vieles gelesen, wo ich an "Pseudoanteilnahme" dachte, aber ganz gewiss nicht hierbei.
Man kann Frau Larousse vieles unterstellen (nein, darauf gehe ich nicht näher ein *g*), aber bestimmt nicht das.
larousse - 15. Juni, 20:09

Liebe Katelyn,

aus diesem Blickwinkel hatte ich es nicht betrachtet, ich kann Ihre Sicht der Dinge aber durchaus verstehen. Andererseits handelt es sich hier um ein jedermann zugängliches Gebäude. Das Foto allein hat absolut keinen Wiedererkennungswert. Und ich habe es allein zu Untermalungszwecken benutzt, weil es das Elend Haus für mich so geballt widerspiegelte - ich wollte dem Leser nur meine Gefühle beim Anblick verbildlichen, alles andere lag mir fern. Wie Frau Budenzauberin richtig anmerkt. Vielen Dank d'ailleurs, Madame, mich so nett zu verteidigen!
So.
Und was bitte kann man mir sonst so unterstellen, Frau Budenzauber...?? ((o;
Budenzauberin - 20. Juni, 20:57

Gern geschehen.

Achkommen'Se - manchmal haben Sie schon so einen winzigklitzekleinen Knall, hmm?

(Zur Beruhigung: das macht sympathisch. Sagt Herr B. zumindest immer zu mir.)
larousse - 20. Juni, 21:50

Klein?

**hysterischlach
Ich glaube, man nennet es auch "Urknall" Frau Budenzauber! ((o;
Budenzauberin - 20. Juni, 22:01

;-)
Aurisa - 15. Juni, 20:31

Ein schönes Bild... und eine leider traurige Geschichte dazu :(...
Die unbekannte Verstorbene hatte sich da offenbar ihr kleines privates Paradies geschaffen... wie das Bild vermuten lässt...
Wie schön und grün mag es da erst gewesen sein als die Pflanzen noch lebten...
Ich hoffe, daß sie viele glückliche Jahre dort hatte... und daß der Tod schnell und gnädig kam...
Und das wünsche ich uns allen auch, wenn es für uns Zeit ist zu gehen...
Viele Grüße
Aurisa

larousse - 20. Juni, 19:43

Dito Madame, dito...!
kittykoma - 16. Juni, 00:31

respektlos. gierig. wer von den erben wollte seine innere zone so vor fremden ausgebreitet sehen?
Ich zuckte vor einer woche, als ich fragte: sollen wir die bettbezüge wieder in den schrank legen?, und die antwort hieß: quatsch, das wird sowieso alles von einer firma abgeholt.

walküre - 16. Juni, 19:48

Bei sowas

steigt mir die Galle hoch, wirklich wahr. "Die Geier warten schon" - anders kann mans nicht formulieren. Über meine Familie kann man viel nicht so Gutes sagen, aber DIESE Vorgangsweise gibt es bei uns trotz aller Unerfreulichkeiten nicht.

In meiner früheren Nachbarschaft gab es übrigens einen ähnlichen Aasgeier, der es zuerst nicht erwarten konnte, sein Elternhaus zu verkaufen, und als es dann verkauft war, legte er nochmal eine Ladung Gier zu und wollte sich auf gerichtlichem Weg nachträglich das Inventar sichern. Das zuständige Gericht hat ihn selbstverständlich auflaufen lassen.
larousse - 20. Juni, 19:46

Unglaublich.
Ich hatte ja schon Probleme, in den Sachen meiner Oma zu stöbern, um auf Drängen der Familie Dinge herauszusuchen, die ich eventuell behalten wollte. Man fühlt sich wie ein Eindringling. Das dann auch noch Fremden zu überlassen - unglaublich.
creezy (Gast) - 18. Juni, 15:12

Und dann ist da auch noch der Mord an den Pflanzen.

larousse - 20. Juni, 19:40

MASSENmord! War noch ein paarmal da und habe vorsichtshalber schonmal alle wilden Erdbeereb verspeist. Sonst evrkrümeln die auch noch!

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