Von Bienen und Blumen
Es war einmal eine kleine Biene.
Sie lebte in einem wunderschönen Land voller bunter, duftender Blumen und flog tagein tagaus zwischen ihnen herum, spielte mit ihren Freunden, sammelte Nektar und genoss das Leben.
Eines Tages wurde es der Biene zu langweilig, zwischen all den wunderschönen bunten und duftenden Blumen mit ihren Freunden zu spielen und sie entschloss sich, in die grosse weite Welt auszuziehen und Abenteuer zu erleben. Die Biene packte ihren Bienenkoffer und flog los.
In der grossen weiten Welt angekommen war sie ganz aufgeregt, denn dort summten die Bienen anders und die Blumen dufteten anders und auch der Nektar schmeckte nicht wie bei ihr daheim, er schien süsser und aromatischer als alles, was sie bisher gekostet hatte. Die Biene beschloss, in der grossen weiten Welt zu bleiben und von nun an dort ihren Nektar zu sammeln und mit ihren neuen Freunden zu spielen.
In dieser grossen weiten Welt lebten viele Bienen, die von anderswo hergekommen waren, um Abenteuer zu erleben, und es war aufregend und spannend für die kleine Biene, so viel Neues und Unbekanntes zu entdecken. Mit der Zeit aber stellte die Biene fest, dass all ihre neuen Freunde nach und nach wieder zurückgeflogen waren, in ihre Bienennester, und plötzlich war sie ganz alleine. Sie hatte es versäumt, über all dem Nektarsammeln und Larven grossziehen neue Freunde zu suchen und wurde sehr traurig.
Am liebsten wäre die Biene auch zurückgeflogen, zu ihren alten Freunden und ihrem Heimatnest, aber dazu waren ihre Flügel inzwischen zu klein und zu schwach. Sie kam immer nur so weit, dass sie Ihr Heimatnest von Weitem sehen konnte und ihre Freunde winken und rufen. Dann musste sie umdrehen und sich schnell auf einer Blume ausruhen, um nicht abzustürzen.
Eines Tages flog eine Hornisse vorbei und sah die arme traurige Biene auf einer Blume weinen. Sie sagte:"Hey, kleines Bienchen, Du musst doch nicht weinen! Komm mit mir, bei uns kannst lernen, wie man schneller und weiter fliegt als jedes andere Insekt!"
Die Biene war ganz aufgeregt und folgt der Hornisse in der Hoffnung, so vielleicht doch eines Tages wieder nach Hause zu gelangen. Sie hatte keinen Zweifel daran, so fliegen zu können wie die Hornissen. Die Hornisse schenkte der Biene ein Paar sehr grosse Flügel, viel grösser und schwerer als ihre eigenen, und versprach ihr, sie im Fliegen zu unterrichten. Die Biene bekam Flugstützen und durfte üben, alleine zu fliegen, mit diesen neuen, grossen Flügeln, und freute sich sehr.
Nach einiger Zeit aber stellte sie fest, dass es schier unmöglich war, mit diesen grossen Flügeln zu fliegen, mal sassen sie zu locker, dann wieder zu fest, und weit und breit zeigte sich niemand, der ihr das Fliegen mit diesen neuen Flügeln beizubringen bereit war.
"Da musst Du mit kleineren anfangen!" wurde ihr gesagt. Doch wenn sie kleinere haben wollte, hiess es "Nee, wenn Du mal die grossen hast, kriegst Du keine kleineren mehr, jetzt musst Du halt selber gucken wie es geht!" Also biss sie die Bienenzähne zusammen und übte und übte bis sie nicht mehr konnte. Niemand war da, der ihr erklären wollte, wie man die Flügel benutzte, und eines Tages wurden ihr einfach die Flügelstützen abgenommen und gesagt, sie müsse nun allein fliegen können, schliesslich habe sie genug Zeit gehabt, zum Üben.
Da unsere Biene eine harte war und so schnell nicht aufgab, versuchte sie wieder und wieder, mit diesen viel zu schweren Flügeln zu fliegen, bis sie eines Tages die Kräfte verliessen und sie hinab auf den Boden fiel. Dort lag sie auf dem Rücken, sah all die Hornissen mit ihren grossen Flügeln umherbrummen und fing an zu weinen.
Sie schnallte sich die Flügel ab und begann, den weiten Weg nach Hause zu Fuss zu gegen.
Und wenn sie nicht gestorben ist, dann wandert sie noch heute.
larousse - 3. Dezember, 08:02