Eine Rose ist eine Rose ist eine Rose
Samstagvormittag, Supermarkt, an der Kasse.
Die Frau vor mir bekommt von der Kassiererin eine Rose überreicht. Mein Herz beginnt wild zu schlagen und meine Handflächen werden feucht. Rose? Geschenkt? Panik steigt in mir auf - es wird wieder passieren! Es wird so sein wie jedes Mal und ich werde nichts bekommen, nothing, nada, absolument rien. Ich spüre, wie meine Stirn sich gegen meinen Willen runzelt.
Die Kassierein zieht meine Artikel über den Laserstrahl, einen nach dem anderen. Ich beobachte sie. DU WIRST MIR AUCH SO EINE ROSE GEBEN schreie ich ihr telepathisch mit 1000 Dezibel ins Ohr. Keine Reaktion.
Ich beginne zu schwitzen. Der letzte Artikel wird gescannt. Vielleicht sind die Rosen ja alle? Kann mal jemand kontrollieren ob die Rosen alle sind?
Die Kassiererin tippt stoisch irgenwelche Zahlen ein.
Wieso? Wieso ich? Was hab ich getan, von der Welt so ungerecht behandelt zu werden? Schon als Kind war das so: gab es irgendwo was umsonst, liefen alle Kinder freudestrahlend mit ihren glitzerenden neuen Eroberungen zu den jeweiligen freudestrahlenden Müttern zurück. Nur ich wurde beflissentlich vom Geschenkegott übersehen.
Die Rosen sind bestimmt alle. Sie bittet mich um meine Bankkarte. Meine Hände zittern. Mir ist schlecht. GIB MIR ENDLICH DIE BESCHISSENE ROSE DU BLÖDE KUH! Sie schaut irritiert. Hat sie was gehört? Hab ich das gerade laut gesagt? Ich tippe meinen Code erst beim dritten Anlauf korrekt. Mein Mund ist staubtrocken. Die Kassierein gibt mir die Bankkarte und den Kassenbon während ich verzweifelt versuche, meine Tränen zurückzuhalten. Das war die letzte Chance.
Ich wende mich ab und mein Schulterblätter berühren den Boden. Bin ich so häßlich? Rieche ich aus dem Mund? Sehe ich aus wie eine, die eh schon tausende von Rosen ihr Eigen nennt?
"Madame, vous avez oublié votre rose!" höre ich hinter mir - und möchte die Frau küssen! Linkisch wische mir eine Freudenträne aus dem Augenwinkel. Ich sollte öfter hier einkaufen.
larousse - 10. Juni, 12:46